Der hybride Golfer - Der Greenfeespieler als Chance für den Golfmarkt


Kai Wunner
Kai Wunner

Auf der Jahrespressekonferenz des DGV im Januar 2020, bei der Verkündung der Mitglieder-Entwicklung im DGV, wiederholte Präsident Klaus Kobold einen Satz, den er schon im Vorjahr beim gleichen Anlass angebracht hat. Zusätzlich zu den 624.240 (2019) im DGV organisierten Mitgliedern, gibt es ca. eine Mio. Menschen in Deutschland die in verschiedenen Formen den Golfsport ausüben, ohne Mitglied in einem Golfclub zu sein. Das sind annähernd doppelt so viele Golfinteressierte wie aktive Spieler!

 

Die Zahl ist natürlich geschätzt, da ein nicht registrierter Golfer per se schwierig zu greifen ist. Was aber zählt alles in den Personenkreis? Zum einen sind es die Greenfee-Spieler auf öffentlichen Anlagen. Im Unterschied zu den meisten Ländern der Welt wird dieser Zugang zum Golfsport in Deutschland und den angrenzenden Golfnationen sehr stark reglementiert. Viele denen das bei uns zu kompliziert ist, haben eine einfache Lösung gefunden. Im Urlaub kann man in zahlreichen Ländern auf der Welt völlig unkompliziert mit dem Golfspielen loslegen. Pitch&Putt-Plätze und Pay&Play auf öffentlichen Golfplätzen, erleichtert den Zugang zum Golf in vielen Ländern deutlich. In der stark wachsenden Crossgolf-Szene zum Beispiel entwickelt sich ein Riesen-Potential für den Golfmarkt. Crossgolfer, die mit den ungefährlichen „almostGOLF Bällen“ Passanten verblüffen, wenn sie den Ball durch Altstädte, Uni-Campusse oder ähnliche Gelände jagen, tragen wahrscheinlich mehr dazu bei, Menschen für den Golfsport zu interessieren, als eine teure Kampagne des Golfverbands in den Medien. Der GC Domäne Niederreutin hat gemeinsam mit den GolfFellas Stuttgart, ein Turnier, in der Altstadt von Rottenburg veranstaltet. So wird der Golfsport in die Städte getragen! Zum Anfassen für jedermann!

 

Viele dieser Crossgolfer erwerben nach dem Verlieren der Berührungsängste im nächsten Schritt die Platzreife und wollen Golf spielen. Der Weg in eine teure Mitgliedschaft wird oft gescheut und der Spieler landet möglicherweise erstmal in der oben beschriebenen Klientel, die dem organisierten Golfmarkt in Deutschland vorenthalten bleibt. Mit etwas Glück versucht sich dieser Spieler aber erstmal als Fernmitglied oder in der VCG. Das Gleiche gilt übrigens auch für Golfer, die über andere Möglichkeiten in den Golfsport reingeschnuppert und weiter Interesse daran haben.

 

Jetzt landet dieser neue Golfspieler in dem Pool der Fernmitglieder und VCGler und wird auf deutsche Golfanlagen losgelassen. Was passiert an der so wichtigen Schnittstelle, die dazu da ist möglichst viele Spieler dauerhaft für den Sport zu begeistern? Der Greenfee-Spieler kommt zur nächsten Golfanlage, um dort zu golfen. Er wird freundlich empfangen, er wird als potenzielles Mitglied in spe mit größter Wertschätzung behandelt und damit wird alles in die Wege geleitet, um einen Neugolfer dauerhaft für den Golfsport zu begeistern. Ist das wirklich so? Der Alltag in Deutschlands Golfanlagen sieht leider oft anders aus! Ich persönlich spiele zwar schon seit vielen Jahren Golf, gehöre aber zu der seltenen Spezies, der es wichtig ist, möglichst verschiedene Golfplätze auf dieser Welt kennenzulernen und die nicht immer wieder den gleichen Platz spielen wollen. Das Greenfee für meine jährlich über 120 Runden Golf kostet mich deutlich mehr als eine Mitgliedschaft in einem regionalen Club. Selbst bei 40,- € im Schnitt sind das 4800,- €. Da ich gerne auf attraktiven Plätzen spiele, befürchte ich aber, dass das in der Realität teurer war, und ich werde lieber nicht nachrechnen. Aber egal - das ist mir mein Golfplatz-Sammeln wert!

 

Meine Erfahrungen insbesondere auf deutschen Golfplätzen sind leider mit Blick auf den obengenannten Neuling, der doch so wichtige potenzielle Neukunde, ernüchternd. Auf manchen Anlagen sind Greenfee-Spieler gar nicht erlaubt. Auf anderen nicht gern gesehen. Das spürt man leider bei der Begrüßung oft schon deutlich. Manch interessanter Golfplatz wurde deshalb kein zweites Mal mehr besucht. Ein besonderes Highlight am Counter des Golfclubs ist jedes Mal, die Stigmatisierung der Golfer in eine Zweiklassen-Gesellschaft. Als ich vor vielen Jahren Mitglied in einem Golfclub an einem beliebten Urlaubsort von mir wurde, und das zu einem günstigen Tarif, ich spiele dort ja nur 4-5 Runden im Jahr, da gab es weder eine Golfausweis-Kennzeichnung in Gold und Silber noch eine nach regionalen Gesichtspunkten. Seit der Einführung dieser diskriminierenden Zweiklassen-Gesellschaft erlebt man Situationen in deutschen Golfclubs, bei denen man sich fragt ob man lachen oder weinen soll! Einen dezenten Aufschlag nimmt man ja in Kauf. Obwohl, warum soll ich mehr zahlen, wo ich doch eh schon mehr für meinen Sport ausgebe als der durchschnittliche Golfer? Wenn die Aufschläge dann umso höher ausfallen und das sogar bis zu 100% des Greenfee-Preises, dann ist das nur absurd. Und dieses diskriminierende Verhalten wird vom Verband unterstützt!

 

Der Greenfee-Spieler, egal ob Neugolfer, Selten-Spieler oder Vielspieler wie ich, ist immer eine Chance für jeden Golfclub. Bei Ersterem offensichtlich, bei den nächsten beiden Typen können sich die Lebensumstände ändern und schon ist eine Mitgliedschaft attraktiv! Es ist die Aufgabe des Golfclubs, seine Ist-Situation zu analysieren, die Mitgliedsschafts-Modelle und Greenfee-Preise in Bezug auf die Zielgruppe abzustimmen und alles dafür in die Wege zu leiten den Kunden glücklich zu machen. Nur so kann eine nachhaltige Strategie für den Erfolg des Golfclubs erzielt werden. Jede Golfanlage ist für Ihr eigenes Handeln verantwortlich! Die Schuld für Erfolg oder Nichterfolg bei Wettbewerben, Kunden und anderen externen Faktoren zu suchen ist bequem und menschlich, aber nicht zielführend.

 

Freedrop: Nutzen Sie als Golfentscheider die Beiträge der anderen Autoren, um operative Excellenz zu erreichen, und behandeln sie jeden Golfer als das, was er ist – als denjenigen der ihr Gehalt bezahlt, egal ob mit einem großen oder kleinen Betrag.

 

Kai Wunner, Herausgeber, Redakteur Online-Golfmagazin Stuttgart GOLF Community, Gründungsmitglied der 0711 GOLF CREW, Stuttgart

 

Kontakt: kaiwunner@stuttgart-golf-community.de

 

BIO: Kai Wunner, Unternehmer im Einzelhandel, 52 Jahre, verheiratet, 2 Kinder.  Kommt aus Stuttgart und spielt Golf am liebsten auf immer wieder anderen Plätzen. Seit 2006 dem Golfsport verbunden. Mitgründer des 2013 entstandenen Online-Golfmagazins Stuttgart Golf Community. Gründungsmitglied des Vereins 0711 GOLF CREW. Der Verein steht für Golf in der Metropolregion Stuttgart in einer bunt gemischten Gruppe, was  mit viel Spaß bei gemeinsamen Turnieren, Ausfahrten und Golfrunden gelebt wird und dabei helfen soll die Sportart unkonventionell zu fördern.