Wird Ihr Golfplatz eigentlich noch ihrer Mitgliederstruktur und Ihrer Zielgruppe gerecht?


Rainer Preißmann
Rainer Preißmann

Golfanlagen kommen in die Jahre oder werden oft am Bedarf vorbei gebaut.

 

Dabei darf man die Bedürfnisse der Mitglieder und deren strukturellen Wandel als auch die Ansprüche der Neumitglieder nicht aus dem Auge verlieren.

 

Obige Frage stellt sich immer dann, wenn wir uns bei einer Golfplatz-erweiterung oder bei der Überarbeitung einer Golfanlage, die in die Tage gekommen ist, Gedanken über die sich in einem steten Wandel befindliche Nutzerstruktur und die potenzielle Zielgruppe machen müssen.

Denn wenn man sich die durchschnittliche Nutzerpyramide unserer Heimatclubs ansieht, fällt gleich das Ungleichgewicht auf, das zwischen der breiten „Masse der Anfänger, Interessierten und Average Player“ (rund 40% der deutschen Golfspieler haben ein Handicap zwischen 36 und 54) im Verhältnis zu dem deutlich geringeren

 

Anteil der Scratch Golfer und Low Handicapper im Peak der Pyramide (rund 5,2 % haben ein besseres Handicap als 11,4) vorherrscht. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass letztere Gruppe insb. bei vorstandsgeführten und mitgliederfinanzierten Golfclubs allzu häufig die Diskussion um den Schwierigkeitsgrad beeinflusst und tlw. überzogene Anforderungen an die spielerische Ausrichtung des Golfplatzes stellt.

 

Dabei sollten eigentlich Fairness des Golfplatzes und die Spielfreude aller Handicapklassen das Maß aller Dinge sein. Fair bedeutet in diesem Zusammenhang, dass anspruchsvolle Spielelemente sicherlich nicht fehlen dürfen, aber so platziert sind, dass sich immer eine dem Leistungsniveau angepasste spielbare Route finden lässt.

 

Dazu sollte man den Golfspielern immer einen Satz unterschiedlich weit platzierter Tees anbieten, an denen sie ihre Spielstärke erproben können. Reizen Sie das Farbspektrum, das das Regelwerk bietet doch mal aus und bescheiden sich nicht nur mit den üblichen gelben und roten Allerweltsabschlägen.

 

Trennen Sie sich eine Saison von den „geschlechts- und altersspezifischen“ Bezeichnungen der Abschläge und ermuntern Sie Ihre Mitglieder und Gäste, den Golfplatz mal aus völlig unterschiedlichen Perspektiven kennen zu lernen, bei denen nicht nur die Bahnen- und Gesamtlängen variieren, sondern auch die jeweiligen Entfernungen zu den Hindernissen.

 

Etwas Camouflage nach dem Motto „Mehr Schein als Sein“ ist bei der Gestaltung und Platzierung der Spielbahnen und Sand- und Wasserhindernisse ein von mir bevorzugter Designaspekt, der mir die Möglichkeit gibt, dem Golfer zu einem Erfolgserlebnis zu verhelfen, das ihn zum „Wiederholungstäter“ werden lässt.

 

Das alles vor dem Hintergrund, dass die Golfwelt in den letzten 25 Jahren um so vieles mehr bunter und vielfältiger geworden ist.

 

Und das nicht nur im Hinblick auf die Kleidung – ein Aspekt der sicherlich dann nicht zu vernachlässigen ist, wenn man z.B. jüngere Generationen verstärkt ansprechen und an den Golfsport binden will.

Nicht umsonst ist Golf die demokratischste Sportart, in der alle Alters- und Leistungsklassen, unabhängig vom Geschlecht auf Augenhöhe mit einander Spaß am Golfspiel haben oder miteinander konkurrieren können.

 

Nach dem Kriterium „Business is local“ kann aber nur individuell für jede einzelne Golfanlage ermittelt und diskutiert werden, welche Maßnahmen letztendlich im Hinblick auf sich wandelnde Mitgliederstrukturen und die Einwerbung zukünftiger Mitglieder zielführend sein können.  

 

Bei allen Überlegungen denken Sie immer daran, Ihre Mitglieder und Gäste

wollen Spaß beim Golf haben, den Sport möglichst im Kreis ihrer Familie und Freunde ausüben, haben aber nicht immer viel Zeit dafür zur Verfügung

und erwarten deshalb einen flexiblen Umgang mit ihren Bedürfnissen.

Freedrop: Also immer im Auge behalten: Ist Ihre Golfanlage noch attraktiv genug für das Gros Ihrer Mitglieder und der Zielgruppe, die Sie ansprechen wollen, oder können Zustand und Schwierigkeitsgrad des Golfplatzes auch ein Hemmnis bei der Bindung und Neugewinnung von Golfspielern sein?

Jede Golfanlage ist ein Unikat und sowohl bei der Schwachstellenanalyse als auch bei der USP Entwicklung und Umsetzung sollte auf professionelle Unterstützung nicht verzichtet werden.

 

 

Rainer Preißmann, Golfplaner und Landschaftsarchitekt EIGCA, Deutsche Golf Holding Ltd, goep.dgc@cityweb.de

 

 

BIO: Rainer Preißmann, Golf- und Landschaftsarchitekt, Jahrgang 1948 und verheiratet. Geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Golf Holding Ltd, ein Planungs- und Beratungsbüro für die Entwicklung, Planung und Realisierung von Golfanlagen mit Sitz im Ruhrgebiet. Mitbegründer und Past President des europäischen Berufsverbandes der Golfplatzarchitekten EIGCA.  Kommt aus Essen und ist Gründungs- und Ehrenmitglied des GCC Seddiner See, wo er auch den Nordplatz und die Übungseinrichtungen geplant und realisiert hat.  Sein Credo ist, Golf hat sich der Landschaft anzupassen und nicht umgekehrt und  Golfplätze dürfen nicht an den Bedürfnissen des überwiegenden Teils der Nutzer vorbeigeplant werden. Aus seiner Feder kommen privat betriebene quasi öffentliche Golfanlagen wie Zeche Jacobi im Ruhrgebiet und Moorfleet in Hamburg genauso wie turniertaugliche Anlagen für nationale und internationale Events, Anlagen für Golf und Country Clubs oder touristische Highlights wie der Mountain und Lake Course vom Toskana

Resort Castelfalfi. Seinen umfangreichen Erfahrungsschatz gibt er auch gerne weiter durch Vorträge und  Veröffentlichungen zu golfspezifischen Themen und als Leiter der Arbeitsgruppe für Richtlinien zum Bau von Golfplätzen der FLL.