Beobachtungen eines Außenseiters


Als Carsten mich bat, meine Erfahrungen rund um den Golfsport, meine Gedanken und Ideen in diesem Forum zu teilen, war ich geehrt wie überrascht. Schließlich fand meine über 40 Jahre lange Liebesaffäre mit diesem Spiel eigentlich bis heute exklusiv im Ausland statt.

 

Seit meiner Rückkehr nach Deutschland 2017 bin ich weder ein Mitglied in einem Deutschen Golfclub, besitze kein DGV Handicap,…., ich bin nicht auf den Fairways der Republik zu finden. Und umso mehr hoffe ich, dass Ihr aus meiner langjährig internationalen Erfahrung die eine oder andere Anregung mitnehmen könnt.

 

Als Vorstandsmitglied eines traditionell deutschen Sportvereins mit 16 Sparten und 1500 Mitgliedern weiß ich: wer Nachwuchsarbeit aufgibt, geht als Verein auf lange Sicht unter. Wo aber kommt der Nachwuchs her? Diese Frage treibt mich um. Wo können wir die jungen Schüler/Innen, Studenten/Innen ansprechen. Wie begeistern für diesen Sport? Das sind die Fragen, die uns auf nicht nur auf der Entscheiderebene beschäftigen.

In den USA ist Golf Schulsport. Zirka 37.000 High Schools (Klassen 9 – 12) gibt es in Amerika. Fast 40% dieser Schulen bieten Golf als Sportfach an. Rund 225.000 Teenager (145.000 Jungs & 80.000 Mädels) wählen das Fach Golf. Damit rangiert Golf an Position 12 der amerikanischen High School Sportarten, direkt hinter Ringen und Schwimmen. Natürlich weit hinter Basketball, Leichtathletik und American Football – diese Sportarten begeistern mehr als 1 Millionen Kids. Der US-Schulsport und die  Sportauswahl für Schüler ist einzigartig. das gibt es in Deutschland nicht. Aber in den USA gibt es auch keine Sportvereine mit 16 unterschiedlichen Sportangeboten bzw. Sparten.

 

Für Deutschland gilt meiner Meinung nach, dass der mangelnde Nachwuchs in vielen Sportarten in Deutschland uns besorgt. Aber auch die abnehmende Anzahl von Übungsleitern. Ohne motivierte und begeisterte Trainer und Coaches, kein begeisterter Nachwuchs. Klar! 

 

Wenn man den Statistiken von ZipRecruiter glaubt, verdient ein High School Golf Coach in den USA im Durschnitt $48.569 im Jahr (Stand Januar 2020). Für die Honorarzahlungen in einem deutschen Sportverein an potentielle Übungsleiter gibt es keine Vorschriften. Meine traurige Erfahrung nach 3 Jahren Deutschland ist, dass es kaum Übungsleiter gibt, die in irgend einer Weise angemessen bezahlt werden. Übungsleiter ist nicht mehr als ein Nebenjob. Vielleicht werden zehn, zwölf, fünfzehn Euro die Stunde bezahlt. Also wirklich ein Ehrenamt ohne finanziellen Anreiz.

 

Außerdem vermisse ich in Deutschland die Möglickkeit, eines öffentlichen Golfplatzes. Ich rede nicht von Golfplätzen, die Public Access haben, wie es die meisten deutschen Klubs anscheinend anbieten, sondern von dem guten alten Konzept des britischen und amerikanischen Muni. Das ist ein Golfplatz, der der Stadt, dem County, oder dem Staat gehört, und von öffentlicher Hand betrieben wird – gerne in einem Outsourcing an Golf Management Firmen. Das wäre eine der vielen Ideen, die wir hier alsbald angehen sollten, wenn das Ziel klar ist. Mein Credo heißt: Öffentliches Golf, auf öffentlichen Plätzen, zu öffentlichen Preisen. Darin liegt die Zukunft.

Wenn ich in einem Club Mitglied bin, meinen jährlichen Beitrag bezahle, und am Freitag Nachmittag in meinem Klub eine Runde drehen möchte, aber erfahre, dass irgendeine Karnevalstruppe von außerhalb ein After Work Turnier für 10 Foursomes gebucht hat, würde ich persönlich sofort austreten. Golf ist zu billig in Deutschland. Bis auf eine Handvoll von privaten Klubs, sind deutsche Klubs Public Access Golfplätze. Jeder ist willkommen nach dem Motto: schmeißt eure 50 Euro Greenfee in den Briefkasten, sorry, der Proshop ist geschlossen, und schon kann diese Karnevalstruppe spielen. Das ist doch kein Golf-Club, sondern eher das Business der noch nicht bestehenden öffentlichen Golfplätze.

 

Diese Fehlvorstellung des “Public Course”, wird auch in den USA gefördert. Gerade letzte Woche waren die golfenden Millionäre mit den langen Drives auf Pebble Beach unterwegs. Schon lange als Public Course hochgejubelt. Public Access ja, aber mit $500 Greenfees, nicht “accessible” für jeden. Als New Yorker hatte ich das Glück über Jahre hinweg regelmässig einen richtigen Public Course zu spielen, dessen Modell mittlerweile als Vorbild und Schaukurs der Wiedergeburt des Munis gilt, nämlich Bethpage Black. Damals vor der ersten US Open, kostete es New York State Residents gerade mal $20, heute sind es während der Woche $65, und am Wochenende $75 für 18 Löcher. “Nicht New Yorker” zahlen das doppelte. Ein weiterer Golf-Kurs, der dieses Muni Modell lebt, ist Harding Park in San Francisco. Dieses Jahr finden dort die US PGA statt. Daran sieht man: mein Credo bewahrheitet sich: Öffentliches Golf, auf öffentlichen Plätzen, zu öffentlichen Preisen. Das ist die Zukunft des Golfsports.

 

Als Trickle Down Sport a la Reagonomics, muss das Golf in privaten Clubs in Deutschland teurer werden und auf öffentlichen Plätzen billiger. Ich habe gute 10 Jahre im Mittleren Osten verbracht, und aus erste Hand erlebt, wie ein Land mit damals nur einem braunen Golf Platz das Spiel umarmt hat. Es ist möglich!

 

Die USGA zeigt hier den Weg, wie öffentliche/private Partnerschaften das Spiel besser machen. So lange richtig investiert wird, verlieren Munis kein Geld. Die Öffentlichkeit wird immer Plätze besuchen, die gepflegt, professionell gemanaged, professionell designed, leicht erreichbar und finanziell erschwinglich sind. Tiger Woods und andere Architekten verzichten bereits auf ihre astronomischen Fees, um traditionelle Munis wieder populär zu machen. Sie verstehen, dass das Golf genau durch solche Initiativen genügend Aufmerksamkeit bekommt, um zu wachsen.

 

Darum geht es in Deutschland wirklich: Städte, Länder und der Bund sollten tunlichst daran arbeiten, Bürgern eine kommunale Freizeitoption zu bieten, mit der man obendrein noch Geld und Talente gewinnen kann. Wasser, Arbeitsstunden, Pflege, Rasenmäher und andere Geräte werden immer teurer und die Ressourcen der Regierungen, ob Stadt, Land und Bund, werden immer weniger. Dabei ist öffentliches Golf, Golf auf öffentlichen Plätzen – eben nicht in einem elitären Umfeld-  sind die beste Werbung für einen Sport, der es verdient, ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit ein wenig mehr zu rücken. 

 

Beispiel kann die Türkei sein: vor kurzem wurde dort ein echtes Muni gebaut - in Samsun am Schwarzen Meer. Prompt hat der Türkische Golfverband sein Headquarter dorthin verlegt. Auch das kann uns Vorbild sein.

 

Freedrop: Also, lasst uns Golf in die Schulen, in die traditionellen Sportvereine bringen. Vielleicht können Sportvereinen so einfacher überleben. Als mit kurzfristigen Trendsportarten wie Zumba, Slackline, Kettle Bells, und …. zu meinem Entsetzen, Hobby Horse.

 

Golf ist die Antwort! Genau das sollten wir kommunizieren...

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) bietet in Kooperation mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Förderprogramm "Integration durch Sport" an, das sich stark macht für eine gesellschaftliche Integration der Migranten in den Strukturen des organisierten Sports.

 

Als einer von vielen Verantwortungsbürgern des LSB Niedersachsen ist es auch uns gelungen, für das Jahr 2020 eine Anzahl von Golf Workshops genehmigt und gefördert zu bekommen. Vier Workshops mit je zwanzig Teilnehmern in 365 Tagen, das ist zwar nicht der notwendige HomeRun, aber das ist mein erster persönliche Beitrag, den Golfsport nach vorne zu bringen.

 

In diesem Sinne bedanke ich mich bei euch, bei Carsten für seinen unermüdlichen Einsatz und bei allen, die zu diesem Projekt beitragen. Alle Artikel - von Christian Althaus bis Kai Wunner- geben Zeugnis von der Begeisterung und Faszination des Golfsports. Da schreiben eben Experten mit Leidenschaft. Ihre Vorschläge und Anregungen sind Golf wert.

 

Frank Foerster, Kontakt: Peck@golfschau.com

BIO: Frank Foerster, 58, Vater von 4, seit 2017 Deutschlandrückkehrer, Golfer seit dem 19. Juli 1984. Heute Coach, Manager, Consultant und nebenbei Golfschau Podcast Host. Schreibt mir. peck@golfschau.com